Kamasutra

Das Kamasutra ist ein antikes indisches Textwerk, das die Kunst der Liebe, Erotik und sexuellen Erfüllung erforscht. Der Name "Kamasutra" setzt sich aus den Sanskrit-Wörtern "Kama" (Liebe oder Verlangen) und "Sutra" (Faden oder Leitfaden) zusammen. Dies verdeutlicht seinen Zweck als Leitfaden für Liebende, um erfüllte und bereichernde Liebesbeziehungen zu entwickeln.

Verfasst wurde das Kamasutra von Vatsyayana Mallanaga, einem Gelehrten, der vermutlich zwischen dem 2. und 3. Jahrhundert nach Christus in Indien lebte. Das Werk geht jedoch auf ältere hinduistische Traditionen zurück, die die Bedeutung von Liebe und Sexualität in der indischen Kultur betonten. Darüber hinaus befinden sich über 700 Sexstellungen im Kamasutra, die das Liebesleben auf eine neue Ebene heben sollen. Ziel des ganzen ist, dass zwei Körper beim Sex zu einer Symbiose verschmelzen und es zu spirituellen Erfahrungen kommt.  

Schon gewusst: Der Originaltitel des antiken Buches lautet eigentlich „Vatsyayana Kamasutra“. 

Woher kommt das Kamasutra?

Das Kamasutra ist ein Produkt der reichen kulturellen Geschichte Indiens. Es basiert auf den früheren hinduistischen Schriften und philosophischen Ideen, die die Bedeutung der Liebe und der körperlichen Vereinigung betonten. Vatsyayana sammelte diese Ideen und formulierte sie in einer systematischen Abhandlung.

In der westlichen Welt erschien das berühmte Werk übrigens erstmals Ende des 19. Jahrhunderts. Übersetzt wurde das Kamasutra damals vom britischen Forscher Richard Burton. Angepriesen wurde es als Lösung sämtlicher sexuellen Gesundheitsprobleme, weshalb es sich auch rasend schnell in ganz Europa verbreitete. 

Interessant ist vor allem, dass durch die englische Übersetzung auch die zentrale Lehre des Kamasutras angepasst wurde: So geht es in der moderneren Version nicht mehr nur um das intime Zusammenspiel zwischen zwei Partnern, sondern eher um die weitaus erotischen Themen wie zum Beispiel die verschiedenen Sexstellungen. Kein Wunder also, dass es bis heute noch einige Missverständnisse gibt, wenn man vom Kamasutra spricht!

Beim Kamasutra spricht man oftmals über ein Buch. In der Tat umfasst das altindische Lehrwerk jedoch ganze sieben Bücher und 36 Kapitel. Die Basis des gesamten Werkes sind die tantrischen Lehren, die heute weit über Indien hinaus Einzug in die Welt der Sexualität gehalten haben. Selbst hierzulande gibt es immer mehr Tantra-Kurse und Möglichkeiten, mit tantrischen Praktiken den sexuellen Horizont zu erweitern.

Hier folgt eine Übersicht über die sieben Bücher:

Buch 1: Der allgemeine Teil (Sadharana)

Heute würde man das erste Buch des Kamasutras wohl als Vorwort bezeichnen, denn hier dreht sich alles um den Aufbau des Buches, was Du darin findest und die Lebensziele, die auf dem hinduistischen Glauben basieren.  

Buch 2: 729 Stellungen und mehr (Samprayogika)

Das zweite Buch umfasst insgesamt zehn Kapitel und widmet sich den unterschiedlichsten Sexpraktiken. Hier geht es um mehr als nur 729 Sexstellungen, sondern auch um Praktiken wie Oralverkehr, aber auch um Elemente des BDSM wie Schlagen und Beißen.

Buch 3: Die Umwerbung von Frauen (Kanyasamprayuktata)

Das dritte Buch enthält fünf Kapitel und befasst sich mit dem Thema Frauen und den Umgang zwischen Männern und Frauen. Du erhältst Tipps und Hinweise, wie eine Frau umworben wird, welche Schritte notwendig sind, um sie schließlich vor den Altar zu führen. Natürlich sind diese Anleitungen mit der modernen Gesellschaft in größten Teilen nicht mehr vereinbar.  

Buch 4: Der Umgang mit verheirateten Frauen (Bharyadhikarika)

Ein weiteres Buch, das sich in nur zwei Kapiteln den Frauen widmet. Der Fokus liegt auf Frauen, die in besonderen Eheformen, wie der Polygamie leben oder Frauen, die bereits einmal verheiratet waren, nun aber verwitwet und wieder an Männern interessiert sind. Es gibt Anleitungen und Tipps, wie ein indischer Mann zum damaligen Zeitpunkt mit diesen Frauen umzugehen hatte.  

Buch 5: Das Verhalten gegenüber der Frauen anderer Männer (Paradika)

Im fünften Band des Kamasutras, das aus sechs Kapiteln besteht, werden die alten indischen Regeln gelehrt, die den Umgang mit verheirateten Frauen betreffen. Es werden Tipps gegeben, wie Du Dich der Frau eines anderen Mannes nähern darfst und welche Gebote eingehalten werden müssen.  

Buch 6: Der Umgang mit Prostituierten (Vaisika)

Auch das sechste Buch enthält weitere sechs Kapitel, die sich mit der Rolle des Freiers beschäftigt. Auch im Altertum war Prostitution bereits ein relevantes Thema und dieser Abschnitt des Kamasutras beschäftigt sich damit, wie der Mann einer sogenannten Hetäre gegenüberzutreten hat.  

Buch 7: Die Geheimlehre des Kamasutras (Upanisad)

Das letzte Buch besteht aus zwei Kapiteln, die sich ausschließlich auf besondere Praktiken fokussieren, mit denen eine eingeschlafene Beziehung und ein eintöniges Sexleben wiederbelebt werden kann. Auch verschiedene Stimulationsmöglichkeiten werden in diesen zwei Kapiteln gelehrt.

Das Kamasutra umfasst eine sehr umfangreiche Sammlung von sexuellen Positionen. Insgesamt gibt es 64 verschiedene Positionen, die im indischen Lehrwerk ausführlich beschrieben werden. Diese Positionen, auch als "Maithuna" bekannt, reichen von sinnlich und romantisch bis zu leidenschaftlich und akrobatisch. Jede dieser Positionen wurde in dem indischen Liebeswerk sorgfältig formuliert, um Paaren zu helfen, die Freuden der Intimität in all ihren Facetten zu erkunden.

Die Vielfalt der Sexstellungen im Kamasutra unterstreicht die Vorstellung, dass die körperliche Liebe eine komplexe und tiefgehende Erfahrung ist, die auf unterschiedliche Weisen genossen werden kann.

Die berühmtesten Kamasutra-Stellungen

Während jede der Kamasutra-Stellungen einzigartig ist, haben einige aufgrund ihrer kreativen Gestaltung und ihrer Fähigkeit, Intimität zu vertiefen, einen besonderen Ruf erlangt. Auch in Sachen Ausführbarkeit variieren die verschiedenen Kamasutra-Positionen deutlich. 

So kann es sich für äußerst schwierige Stellungen nur lohnen, körperlich fit und gelenkig zu sein auch an Muskelmasse und Körperspannung sollte es den jeweiligen Liebenden nicht fehlen. Zudem sind Parallelen zu verschiedenen Yoga-Positionen zu erkennen. Dennoch gibt es auch zahlreiche Kamasutra-Stellungen, die Anfänger problemlos durchführen können. Diese sind wie folgt:

#1: Der Magic Mountain

Zum Einstieg eine Stellung, die eher gemütlich und weniger akrobatisch erscheint. Für diese Stellung braucht Ihr vor allem eines: Kissen ohne Ende! Daraus wird auf dem Boden ein Berg errichtet, auf den sich die Frau mit dem Oberkörper sinken lässt. Die Knie sind bequem auf einem Kissen am Boden positioniert. Nun kann sich der Mann hinter die Partnerin knien, ihre Schenkel öffnen und dann von hinten vaginal (oder auch anal) eindringen.  

#2: Die Schubkarre

Den Begriff Schubkarre kennst Du vielleicht noch aus Kindertagen, wenn Du einen Freund an den Beinen nach oben gehoben hast und er auf den Händen gelaufen ist. Ähnlich funktioniert auch diese Sexstellung. Als Frau kniest Du vor Deinem Partner und streckst ein Bein nach hinten weg. Als Mann kniest Du hinter Deiner Partnerin, hältst Sie an den Hüften und kannst dann in sie eindringen.  

#3: Das „V“

Das „V“ ist sehr einsteigerfreundlich und braucht nichts weiter als einen stabilen Tisch, auf dem Du als Frau Platz nimmst. Als Mann stellst Du Dich nun vor Deine Partnerin und legst ihre Hände auf Deine Schulter. Auch ihre Beine finden dort Platz. Nun dringst Du in sie ein und sie legt ihren Oberkörper freischwebend nach hinten. Deine Arme sind ihre Stabilität. Von weitem betrachtet sieht diese Stellung aus wie ein „V“.

Lust auf mehr? Dann entdecke hier die beliebtesten Sexstellungen im Kamasutra.

Das Kamasutra befasst sich mit einer wahren Vielzahl an Themen. Von sexueller Befriedigung bis hin zum Lustzentrum von Mann und Frau. Folgend zeigen wir Euch einige der wichtigsten Lehren, die im Kamasutra zu finden sind:  

Beim Sex geht es um die Vergnügung

Im Kamasutra geht es im Kern um Vergnügen. Macht eigentlich Sinn, oder? Statt also nur Intim zu sein, um zum Höhepunkt zu kommen, lehrt uns das Kamasutra, dass der Geschlechtsakt zwischen zwei Menschen immer mit Lust und Vergnügen in Verbindung gebracht werden sollte. Denn nur so kann das körperliche Empfinden und das erotische Vergnügen beider Partner gesteigert werden. 

Das sexuelle Vergnügen der Frau steht im Vordergrund

In der Tat legt das Kamasutra einen großen Wert auf das Vergnügen der Frau. Schon die antike indische Schrift besagt, dass es bei Frauen deutlich länger braucht, um den sexuellen Höhepunkt zu erreichen. Ja Männer – jetzt ganz genau aufpassen: Ein paar Stöße reichen also kaum aus! So lehrt das Kamasutra, der Frau beim Liebesakt ausreichend Zuneigung und Zeit zu schenken. 

Penetration ist nicht alles

Das Kamasutra macht deutlich, dass die Penetration nicht das A und O für guten Sex ist. Wer hätte es gedacht? Kein Wunder, dass das indische Schriftwerk neben bildlichen Sexstellungen auch ausführend auf zahlreiche nicht-penetrierende Aktivitäten als potenzielle Quellen der Lust eingeht. 

Die Größe spielt eine zentrale Rolle

Ja, im Kamasutra spielt die Größe beim Geschlechtsverkehr (vor allem wenn es um den Penis und die Vagina geht) wirkliche eine sehr zentrale Rolle. So besagt die Lehre, dass wenn zwei Menschen Sex miteinander haben wollen, auch die Geschlechtsorgane miteinander übereinstimmen sollten. Heißt: Ist der Penis des Mannes zu groß und die Vagina der Frau zu end, führt dies zu schmerzen.

Die zentrale Idee ist also, dass beide Sexorgane álso die gleiche Größe haben sollten. Klingt zwar logisch, ist in der Praxis jedoch nicht immer so leicht umzusetzen – vor allem wenn es sich auch nicht zwingend um Sex zwischen einem Mann und einer Frau dreht. Doch keine Sorge – genau aus diesem Grund zeigt uns das Kamasutra gleich eine Vielzahl an praktischen Stellungen, die die Empfindung und das sexuelle Vergnügen aller Partner zu maximieren (und gleichzeitig sexuelle Schmerzen zu minimieren).

Obwohl das Kamasutra für seine explizite Darstellung der körperlichen Liebe bekannt ist, enthält es auch spirituelle und philosophische Elemente. Der Text betont die Bedeutung der Liebe und der Vereinigung von Körper und Geist. Es lehrt, wie man eine bewusste und erfüllende Sexualität praktiziert, die zur spirituellen Erleuchtung führen kann.

Das Kamasutra diskutiert die Idee der "Brahmacharya", die die Kontrolle über die Sinne und die sexuelle Energie betont. Dieser spirituelle Ansatz soll Menschen helfen, ihre sexuelle Energie zu sublimieren und auf höhere spirituelle Ziele auszurichten.

Die Kulturelle Bedeutung des Kamasutra bis heute

Das Kamasutra hat einen tiefen und anhaltenden Einfluss auf die Kultur und das Verständnis der Sexualität gehabt. Es ist nicht nur ein Leitfaden für körperliche Liebe, sondern auch ein Werk, das die Bedeutung von Liebe, Intimität und Beziehungen in der menschlichen Erfahrung hervorhebt.

Trotz seiner teilweisen Zensur und unterschiedlichen Interpretationen im Laufe der Jahrhunderte bleibt das Kamasutra bis heute relevant. Es hat das Verständnis der sexuellen Intimität und der Liebe erweitert und betont, dass die Erfüllung unserer emotionalen und sexuellen Bedürfnisse ein wichtiger Bestandteil eines erfüllten Lebens ist. Das Kamasutra zeigt also, dass die menschliche Sexualität vielschichtig ist und auf verschiedene Arten genossen und erforscht werden kann.