Zölibat: Ein Leben ohne Ehe und Sex
Lust und Liebe nicht ausleben zu können – das hört sich im ersten Moment wohl ziemlich bedrückend an, oder? Trotzdem entscheiden sich jedes Jahr hunderte von Menschen, den Weg der Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit einzuschlagen. Bei uns erfährst Du, was sie antreibt und welche Regeln sich nach zweitausend Jahren durchgesetzt haben.
Was genau ist ein Zölibat?
Bei einem Zölibat spielen zwei Aspekte eine wichtige Rolle: Ehelosigkeit und Abstinenz. Es ist ein fester Teil der christlichen Kirche und findet sich bei Katholiken, Evangelisten, Orthodoxen sowie anderen religiösen Zusammenkünften und Personen wieder.
Begründet wird das Leben im Zölibat für Geistliche mit einer Bibelstelle, in der Jesus über ein Leben ohne Ehe „um des Himmelreiches Willen“ (Mt 19,12) spricht. Generell wird ein eheloses Leben für Personen mit führender religiöser Rolle auch an anderen Bibelstellen erwähnt. Doch verboten ist es laut Bibel nicht – hier handelt es sich um einen Beschluss der Kirche. Auch, dass man sich an Jesus ein Beispiel nehmen möchte, ist ein Grund – dieser führte nämlich ebenfalls ein eheloses Leben.
So weit, so gut, aber was ist dann mit Sex, Selbstbefriedigung und anderen Lustmomenten? Nix da, sagt die Kirche. Das hat ebenfalls verschiedene Gründe, wie zum Beispiel, dass Sex ohne Ehe in der Bibel sowieso abgelehnt wird. Hinzu kommen die volle Hingabe zu Gott und dem Glauben, Reinheit bei den Messen und die Berufung auf Beschlüsse aus dem Jahr 306 nach Christus.
Ziemlich viel, auf das man verzichten muss – finden auch einige Gläubige, weshalb manche zwar ehelos leben, bei der Keuschheit aber das ein oder andere Mal sündigen. Vielleicht hast Du ja sogar schon mal in den Medien davon gehört, dass ein Geistlicher ein Kind gezeugt hat?
# Fun Fact
Für das durchschnittliche Volk hat Gott einen ganz anderen Plan: „Seid fruchtbar und mehret euch“ (1Mo 1,28) ist das Motto. Das klingt doch mal nach einem spaßigen Vorsatz. 😉
Die Geschichte des Zölibats
Ein paar Zahlen zur Geschichte des Zölibats müssen auch sein, aber keine Panik! Langweilig wird es auch hier nicht. Es ist kaum zu glauben, aber lange Zeit war das Zölibat gar nicht so streng wie heute – irgendwie würde man das eher andersrum erwarten.
Erst ca. 300 nach Christus wurde Sex nach der Weihung verboten. Eine vorher eingegangene Ehe war jedoch kein Problem. Dies hieß somit: kein Sex mehr für den Partner! Denkst Du, dass sich da wohl alle drangehalten haben?
Im Jahr 1139 wurde dann das Zölibat mitsamt der Ehelosigkeit Pflicht. Sogar bereits bestehende Ehen mussten wieder aufgelöst werden. Ganz schön plötzlich…wieso? Neben den oben genannten religiösen Gründen ging es wie immer auch um Geld. Priester mit ehelichen Kindern konnten diesen nämlich Kirchengüter weitervererben und das passte einigen Leuten so gar nicht. Die beste Lösung war also Enthaltsamkeit – keine Versuchungen, kein Sex, keine Kinder, kein Verlust.
Übrigens: Wenn jemand nur auf Zeit und nicht aus religiösen Gründen abstinent lebt, ist die Rede nicht vom Zölibat. So legt der aktuelle boysober Trend beispielsweise den Fokus auf Selbstentwicklung durch Sexentzug und nicht auf spirituelle Beweggründe. Und auch die Incels, die zwar behauptet unfreiwillig zölibatär zu leben, sind keine Form des Zölibats sondern eher eine unfreiwillige Enthaltsamkeit.
Das Zölibat heute
Auch in den letzten Jahren hat man viel über das Thema Zölibat diskutiert. Einige Geistliche setzen sich dafür ein, es zu lockern, während andere der Tradition treu bleiben möchten. Beide Seiten haben ihre Argumente und es ist noch nicht klar, in welche Richtung sich die Regelungen bewegen werden.
Das ist heute die Regel
Aktuell ist das Zölibat noch Pflicht und somit sind es auch Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit. Doch mittlerweile gibt es viele Stimmen, die die Regelungen für überholt halten. Noch 2020 sprach sich der amtierende Papst Franziskus jedoch dafür aus, das Zölibat beizubehalten. Besonders wird diskutiert, bereits verheiratete Männer als Priester zuzulassen und ein Eherecht für geweihte Geistliche einzuführen.
Ausnahmen und Besonderheiten beim Zölibat in der Moderne
Aber halt – es gibt doch einige verheiratete katholische Priester. Wie ist das denn möglich?
Wenn ein evangelischer Pastor zum Katholizismus konvertiert und bereits vorher verheiratet ist, darf er diese Ehe fortführen! Das Ziel, neue geistliche Anhänger zu gewinnen, steht hier über dem Zölibat. Auch in anderen Religionen gibt es Ausnahmen. Oft ist es so, dass eine Ehe, die vor der Weihung eingegangen wurde, kein Problem darstellt. Besonders in einigen Positionen der orthodoxen Kirche ist das sogar üblich.
# Schon gewusst?
Trotz Abstinenz müssen Menschen im Zölibat nicht auf Kinder verzichten! Theoretisch dürfen sie Kinder adoptieren – was einige vor allem in den 80ern auch getan haben. Dennoch sehen viele Geistliche dies als kritisch, weil es (im wahrsten Sinne des Wortes) scheinheilig ist – schließlich gilt die Kindererziehung durch nur ein Geschlecht als Hauptargument der Kirche gegen die gleichgeschlechtliche Ehe.
Gut zu Wissen: Diese Leute leben häufig im Zölibat
Damit Du Dir noch besser vorstellen kannst, wie viele Menschen diese Art von Enthaltsamkeit praktizieren, haben wir hier eine Liste mit Personen, die besonders häufig im Zölibat leben:
In jeder Religion oder Glaubensgemeinschaft sind die Regelungen jedoch ein bisschen anders. Deshalb gibt es hier und da Ausnahmen. Letztendlich ist so ein Leben ohne Liebe und Sex doch sehr bemerkenswert! Könntest Du Dir so ein Leben vorstellen?