Nymphomanie – das Phänomen der sexuell unersättlichen Frau
Es klingt nach dem Traum des heterosexuellen Mannes: eine sexuell unersättliche Frau wie Blanche aus Golden Girls, Samantha aus Sex and the City oder Joe aus Lars von Triers Nymphomaniac. Die Welt dreht sich aber nicht um heterosexuelle Männer. Denn egal, ob das der Traum eines Mannes ist oder nicht – Frauen, die sich als nymphoman verstehen, haben keinen Sex für irgendwelche Männer. Sie haben Sex aus einem inneren Drang heraus, der manchmal mit Leidensdruck verbunden sein kann, was die eigene sexuelle Lust oder das sexuelle Verhalten angeht.
Was ist eine Nymphomanin?
Als Nymphomanin wird eine Frau mit sehr starker Lust auf Sex bezeichnet. Quasi sexsüchtig. Nymphomanie wurde früher als psychische Störung betrachtet, die durch einen übermäßigen und zwanghaften Sexualtrieb gekennzeichnet ist.
In modernen medizinischen und wissenschaftlichen Kontexten wird der Begriff Nymphomanie jedoch nicht mehr verwendet, da er als stigmatisierend und mit zahlreichen Vorurteilen angesehen wird. Stattdessen bevorzugen Fachleute Begriffe wie Hypersexualität oder Sexualsucht, um übermäßiges sexuelles Verlangen zu beschreiben – egal, ob Frau oder Mann. Medizinisch korrekt ist übrigens die Beschreibung „gesteigertes sexuelles Verlangen“.
# Schon gewusst?
Das männliche Pendant ist der Don-Juan-Komplex beziehungsweise als Phänomen der so genannte Don-Juanismus, zurückgehend auf den südeuropäischen Frauenhelden schlechthin oder die so genannte Satyriasis. Satyre waren in den griechischen Sagen Wesen mit menschlichem Oberkörper und z. B. dem Unterleib eines (Ziegen-)Bocks. Sie tranken und tanzten gerne – und hatten gerne viel Sex.
Der Ursprung des Begriffs Nymphomanie
Der Begriff nymphoman geht zurück auf die Nymphen aus den antiken griechischen Sagen. Er leitet sich von den griechischen Wörtern "nymphe" (Nymphe) und "mania" (Wahnsinn) ab. Nymphen waren weibliche Naturgeister oder sterbliche Göttinnen niederen Ranges, die viel herumwanderten oder tanzten. Irgendwann scheint aus dem Herumwandern ein Herumkommen geworden zu sein.
Ursprünglich wurde der Begriff "Nymphomanie" verwendet, um Frauen zu beschreiben, die angeblich unter einem übermäßigen und unkontrollierbaren sexuellen Verlangen litten. Die Vorstellung war stark von kulturellen und sozialen Normen, insbesondere in Bezug auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft, geprägt.
Während der viktorianischen Ära im 19. Jahrhundert wurde der Begriff Nymphomanie intensiver diskutiert und erfuhr verschiedene Interpretationen. In dieser Zeit wurden Frauen oft als anfällig für "Hysterie" betrachtet, eine problematische Diagnose, die eine Vielzahl von Symptomen, einschließlich übermäßigem sexuellen Verlangen, umfasste.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts änderte sich die Sichtweise auf sexuelle Gesundheit und psychische Störungen. Der Begriff Nymphomanie verlor an medizinischer Relevanz, da er als moralisch geprägt und wenig präzise betrachtet wurde.
Welche Ursachen hat die Nymphomanie?
Früher wurde die Nymphomanie noch als organisches Leiden betrachtet – heute weiß man jedoch, dass die Ursachen deutlich komplexer sind. Diese Zustände können durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, und die Ursachen können von Person zu Person unterschiedlich sein. Einige mögliche Faktoren, die zu übermäßigem sexuellem Verhalten beitragen können, sind:
- Psychologische Faktoren: Emotionale Probleme, traumatische Erfahrungen, niedriges Selbstwertgefühl, Angst oder Depression können zu übermäßigem sexuellem Verhalten beitragen.
- Neurobiologische Faktoren: Veränderungen in der Gehirnchemie können das sexuelle Verlangen beeinflussen.
- Beziehungsdynamik: Probleme in romantischen Beziehungen oder das Fehlen emotionaler Bindung können zu einem verstärkten Bedürfnis nach sexuellen Kontakten führen.
- Soziale Einflüsse: Kulturelle oder gesellschaftliche Normen, die das Sexualverhalten beeinflussen, können ebenfalls eine Rolle spielen.
Wenn Nymphomanie unproblematisch ist
Als Gesellschaft sprechen wir Frauen sexuelle Lust ab oder wir bestrafen sie quasi dafür. Eine Frau, die mit 50 Männern Sex hatte wird als „Flittchen“ beschimpft, während der Mann mit den 50 Sexualpartnerinnen der Hengst ist. Ich möchte aber allen Menschen gratulieren, die wissen, was sie beim Sex möchten, ihre Bedürfnisse kommunizieren und befriedigen (lassen).
Solange diese Menschen verhüten, legal bleiben und ehrlich sowie respektvoll sind, ist das eine ideale Ausgangssituation für ein zufriedenes Sexualleben. All das geht aber damit einher, dass wir die Kontrolle über unser Sexualleben haben. In wenigen Fällen kann uns aber die Kontrolle abhanden kommen.
Ab wann „Nymphomanie“ problematisch wird
Die Diagnosen „Sexsucht“ oder „Nymphomanie“ als solche gibt es nicht. Fachlich müssen wir entweder von einem gesteigerten sexuellen Verlangen sprechen oder – zukünftig geltend – von einer „zwanghaften sexuellen Verhaltensstörung“. Der neue Begriff zeigt, dass die Wissenschaft ein „zu viel“ an Sex nicht als Sucht einstuft, sondern als starken Impuls, dem man sich nicht widersetzen kann.
Betroffene haben den Eindruck, dass sie ihrem Impuls nach Sex nachgeben müssen und das kann soweit führen, dass sie während der Arbeit stündlich auf die Toilette gehen um sich selbst zu befriedigen oder Verabredungen mit Freund:innen absagen, damit sie nach Hause gehen und sich selbst befriedigen können. Wir können übrigens nicht sagen, ab wie viel Mal Sex oder Selbstbefriedigung pro Tag oder pro Woche es problematisch wird. Teilweise wollen wir das auch gar nicht, denn die Lust ist unterschiedlich. Sie kann auch von äußeren Faktoren abhängig sein.
Weitere entscheidende Faktoren, die zu einer problematischen Sexsucht beitragen sind auch:
Wie wird Nymphomanie festgestellt?
Wenn die Häufigkeit von Sex für Betroffene ein Problem ist, dann ist der zentrale Kern der Diagnose, ob die Person darunter leidet und/oder ob es ihr Sozialleben beeinträchtigt. Das wären die Beispiele von oben: Wenn jemand nicht nur in der Freizeit, sondern auch auf der Arbeit den Eindruck hat, sich selbst befriedigen zu müssen, da er oder sie sich ansonsten nicht mehr konzentrieren kann, Geburtstage vorzeitig verlässt, um den sexuellen Druck abbauen zu können, dann liegt eine Beeinträchtigung vor.
Wenn eine Frau aber mehr Lust auf Sex hat als ihre Freundinnen und ihr Leben aber sonst gut hinbekommt, dann liegt vermutlich keine Beeinträchtigung vor. Und dann hat auch keine Gesellschaft dieser Welt das Recht, ihr etwas anderes einreden zu wollen.
Wie lässt sich Nymphomanie behandeln?
Grundsätzlich gibt es mehrere Ansätze, mit der sich die Nymphomanie bzw. Sexsucht behandeln lässt. Zum einen ist ein Besuch beim Psychologen ratsam, da diese dabei hilft, die zugrunde liegenden Ursachen für das übermäßige sexuelle Verhalten zu verstehen und Strategien zur Veränderung zu entwickeln.
Auf lange Sicht gesehen kann auch eine Gruppentherapie – in der ebenfalls Menschen mit ähnlichen Problemen treffen und austuschen – dabei helfen, ein besseres Verständnis für die eigene sexuelle Lust und das Verhalten zu verstehen.
In einigen Fällen können Medikamente, die den Serotoninspiegel im Gehirn beeinflussen, wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), verschrieben werden, um das sexuelle Verlangen zu regulieren.
Es ist wichtig zu betonen, dass die genaue Behandlung von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann. Die Entscheidung für einen bestimmten Ansatz hängt von den individuellen Umständen, der Schwere des Problems und den Präferenzen der betroffenen Person ab. Wenn jemand denkt, dass er oder sie Schwierigkeiten mit übermäßigem sexuellem Verhalten hat, ist es ratsam, professionelle Hilfe von einem Psychologen, Therapeuten oder Sexualtherapeuten in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig sollte man sich aber auch bewusst sein, dass die Therapie von Nymphomanie Geduld erfordert. Denn für ein erfolgreiches Ergebnis dauert es manchmal mehrere Jahre.