Stealthing – Alles, was Du zum Thema wissen musst
Stealthing, das heimliche Abstreifen des Kondoms beim Geschlechtsverkehr entgegen vorher getroffener Absprachen, ist mittlerweile auch in Pornos zu sehen. Nun wissen wir ja aber, dass die meisten Pornos gestellte Filme nach Drehbuch sind und die visuelle Darstellung von Fantasien sind. Alle Beteiligten haben zugestimmt, diesen Film zu drehen und werden dafür bezahlt – in der Realität sieht es aber meist anders aus.
Was ist Stealthing genau
Der Begriff kommt vom englischen Wort „stealth“, das „List“ oder „Verstohlenheit“ bedeutet. Gemeint ist mit Stealthing, dass ein Partner unbemerkt das Kondom abstreift, während er mit seinem:seiner Partner:in Sex hat.
Während es Menschen gibt, die Stealthing als „Trend“ bezeichnen und sich einige in Online-Foren gegenseitig Tipps zum möglichst unauffälligen Entfernen des Kondoms geben, ist Stealthing vor allem eins: Ein schwerwiegender Übergriff.
Wie sieht Stealthing in der Realität aus?
Diese Frage hat auch schon Gerichte in Deutschland beschäftigt. Nehmen wir die fiktiven Fälle von Paula und Tom oder von Leon und Max: Paula und Tom lernen sich beim Online-Dating kennen und machen ein Sexdate aus. Im Vorfeld besprechen beide, dass sie mit Kondomen verhüten werden, um einer Schwangerschaft, aber auch sexuell übertragbaren Infektionen vorzubeugen. Alles wirkt wunderbar, Paula hat den Körper und die Brüste, die Tom unglaublich erregend findet, und Tom ist vom Auftreten und der Körperbehaarung genau der Mann, mit dem Paula leidenschaftlich-wilden Sex haben will.
Paula und Tom haben Sex in verschiedenen Stellungen, erst reitet sie ihn und dann gehen sie über zu Doggy-Style. Paula ist völlig erregt und vertraut Tom – während sie Doggy-Style Sex haben, zieht Tom aber ohne ein Wort zu verlieren und unauffällig das Kondom ab. Paula bemerkt das erst, als Tom in ihrer Vagina ejakuliert.
Ähnlich verläuft es bei Leon und Max. Max bemerkt erst, dass – entgegen der Absprache – Leon während des Sex‘ das Kondom abgestreift haben muss, als Leon in Max ejakuliert. Während Tom und Leon Sex und Orgasmus hatten und den Sex richtig gut fanden, sitzen Paula und Max da: Paula hat Angst, schwanger zu werden und Max fragt sich ob er Syphillis, Tripper oder gar HIV bekommen hat.
Ist Stealthing strafbar?
So oder so ähnlich sahen die Fälle aus, die vor dem Kammergericht Berlin oder dem Amtsgericht in Kiel verhandelt wurden. Mit einem kleinen, aber feinen Unterschied: In Berlin fand eine Ejakulation in der Vagina statt und der Mann wurde verurteilt. Im Kieler Fall hat der Mann nicht in die Frau ejakuliert. Und wurde deshalb freigesprochen.
Das Oberlandesgericht in Schleswig-Holstein hat jedoch den Freispruch aufgehoben. In beiden Fällen wurde beschlossen, dass Stealthing unter §177 StGB „sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung“ fällt und das kann mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren geahndet werden.
Und das zu Recht! Stealthing mag in der Fantasie der einen Person erregend und luststeigernd sein; das darf es auch! Gegen die Fantasie ist nichts zu sagen. Die findet ja nur im eigenen Kopf statt. Die Sache sieht aber anders aus, wenn es ausgelebt wird. Beim Sex treffen wir verbal, aber auch nonverbal Absprachen, auf deren Einhaltung wir vertrauen. Nur unter der Bedingung, dass wir uns im Rahmen des von uns abgesteckten Spielfelds bewegen, lassen wir uns fallen und haben Sex miteinander.
Wenn diese Absprachen willentlich gebrochen werden, ohne dass die andere Person das möchte, dann verletzen wir Grundrechte und Grenzen. Unsere Freiheit hört dort auf, wo wir die Freiheit und sexuellen Rechte einer anderen Person verletzen. Und dann sind wir ganz schnell bei sexuellen Übergriffen.
Aus diesem Grund solltet Ihr Euch – nicht nur in Sachen Verhütung – immer an vorherige Absprachen halten.