Die Pille für den Mann
Revolution bei der Verhütung?
Sad but true: Verhütung ist meist noch Frauensache. Die Antibabypille hat in den 1960er Jahren zur sexuellen Befreiung beigetragen – aber ist auch eine extreme Hormonbombe für den weiblichen Körper. Wäre es da nicht Zeit für Gleichberechtigung und die Pille für den Mann? Ob es bald die Antibabypille für Männer geben wird, erfährst Du hier!
Wann kommt die Pille für den Mann?
Warum gibt es eigentlich noch keine Verhütungspille für den Mann und wie lange dauert es noch, bis sie kommt – damit er beim Hetero-Sex ohne Schwangerschaftsrisiko kommen kann? 2008 beauftragte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine internationale Studie mit dem Ergebnis: Genau wie die seit Jahrzehnten etablierte Pille für die Frau könnte eine männliche Variante zuverlässig vor unerwünschter Schwangerschaft schützen. Die Studie wurde allerdings eingestellt. Nebenwirkungen wurden von den beteiligten Forschungseinrichtungen unterschiedlich bewertet.
Ist die Antibabypille für Männer also ferne Zukunftsmusik? Auch wenn die Männerpille ein wichtiger Schritt wäre, um die Verantwortung der Schwangerschaftsverhütung fairer zwischen Frau und Mann aufzuteilen, stehen belastbare Studienergebnisse noch aus. Außerdem nimmt die Zulassung neuer Arzneimittel in der Regel mehrere Jahre in Anspruch. Wenn die derzeitige Forschung schnell vorankommt, könnte ein Zeitfenster von bis zu zehn Jahren bis zur Markteinführung der Pille für den Mann realistisch sein.
Neben der Entwicklung hormonhaltiger Verhütungspräparate gibt es seit einiger Zeit auch neue Forschungsansätze, die sich mit einer hormonfreien Pille für den Mann beschäftigen. Das Medikament YCT-529 ist als erfolgversprechende Innovation im Gespräch. Dabei handelt es sich um einen Retinsäure-Rezeptor-Alpha-Hemmer (RAR-Alpha), der die Aufnahme von Vitamin A in den Hoden blockiert und so die Spermienproduktion verhindern soll. Anfang 2024 lief die klinische Phase-I-Studie – auch hier ist also noch Warten angesagt.
# Schon gewusst?
Laut einer 2023 durchgeführten Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov würden 70 % der Befragten die Pille für den Mann begrüßen. Bei den Frauen sprachen sich insgesamt gut drei Viertel (76 %) dafür aus, bei den Männern waren es knapp zwei Drittel (63 %).
Wie funktioniert die Pille für den Mann?
Die in der WHO-Studie getestete Männerpille entspricht in ihrem Wirkstoffprinzip der Antibabypille für die Frau. Statt einer Kombination aus Östrogen und Gestagen würde die Pille für den Mann jedoch auf eine Rezeptur aus dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron und Gestagen setzen. Neben der oralen Einnahme in Drageeform wäre auch ein unter der Haut platziertes Implantat denkbar.
Die Wirkung der Antibabypille für den Mann zielt darauf ab, die männliche Fruchtbarkeit vorübergehend einzuschränken. Durch die enthaltenen Hormone soll die Menge der Spermien im Samenerguss so weit verringert werden, dass die Befruchtung einer Eizelle sehr unwahrscheinlich ist. Nach dem Absetzen der Pille entspräche die Spermienmenge im Ejakulat dann wieder der Norm.
Ein anderer Ansatz ist, die Geschwindigkeit der Spermien zu bremsen. Das Prinzip dahinter: Wenn der männliche Samen die weibliche Eizelle erst gar nicht in angemessener Zeit erreicht, lässt sich eine unbeabsichtigte Schwangerschaft ebenfalls verhindern.
Wie sicher wäre die Pille für den Mann?
Laut der von der WHO in Auftrag gegebenen Studie zeigte sich die Verhütungssicherheit der Pille für den Mann mit 90 % bei über 400 Teilnehmenden als überraschend zuverlässig. Gleichzeitig berichteten rund 10 % der Studienteilnehmenden über Nebenwirkungen wie Depressionen, Libido-Verlust und Gewichtszunahme – nach Einschätzung vieler beteiligter Institute zu viele, um weitere Tests zu veranlassen.
Um eine Zulassung zu erwirken, müsste die Pille für den Mann also deutlich nebenwirkungsärmer ausfallen – auch, wenn die beschriebenen Nebenwirkungen denen ähneln, die seit vielen Jahren rund um die Einnahme der weiblichen Antibabypille diskutiert werden. Hat es also nicht nur medizinische, sondern auch gesellschaftliche Gründe, dass die Männerpille bisher nicht auf dem Markt ist? Well, it‘s a man‘s world …
Antibabypille für Männer: Vor- und Nachteile
Vorteile der Pille für den Mann:
Nachteile einer hormonellen Verhütungsmethode für den Mann:
Können Männer die Pille für Frauen verwenden?
Nein, da sich die Pillenrezepturen grundlegend in ihrer Wirkstoffzusammensetzung unterscheiden, ist das nicht möglich. Während die Pille für die Frau den Eisprung unterdrückt und so verhindert, dass eine Eizelle heranreift, zielt die Pille für den Mann auf eine verminderte Spermienanzahl im Samenerguss ab.
Die Spritze für den Mann: Was ist dran?
Neben der Pille für den Mann in Tabletten- oder Drageeform sind theoretisch auch die Verwendung wirkstoffhaltiger Implantate oder die Injektion hormonhaltiger oder alternativer Verhütungsmittel durch Spritzen möglich. Bisher gibt es jedoch keine der genannten Möglichkeiten.
Andere Verhütungsmittel für Männer
Doch wie könnt Ihr eine Schwangerschaft verhüten, wenn die Frau nicht hormonell verhüten kann oder möchte?
Kondome: schnelle Nummer
Easy und schnell übergezogen: Kondome fangen die Samenflüssigkeit bei richtiger Verwendung vollständig auf und verhindern so die Schwangerschaft. Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind Gummis das beliebteste Verhütungsmittel auf dem deutschen Markt. Kondome sind in diversen Größen, Stärken, Struktur- und Material-Varianten erhältlich: von S bis XL, von gefühlsecht bis extra-feucht, von genoppt bis latexfrei.
Vasektomie: dauerhaft verhüten
Bei einer Vasektomie (Sterilisation des Mannes) werden die beiden Samenleiter durchtrennt. In der Folge gelangen keine Spermien mehr in die Samenflüssigkeit. Die meisten Männer lassen eine Vasektomie durchführen, um dauerhaft zu verhüten. Bevor der ambulante Eingriff die gewünschte Wirkung zeigt, können bis zu drei Monate vergehen. Nach mikrochirurgischen Verfahren lässt sich die Sterilisation unter Umständen wieder rückgängig machen.
Rausziehen: besser sein lassen
Die auch als Coitus interruptus bekannte Technik gilt als eine der ältesten Verhütungsmethoden. Dabei zieht der Mann den Penis vor dem Samenerguss aus der Vagina der Frau. Zwar verhindert dieses Vorgehen, dass größere Mengen Samenflüssigkeit in den weiblichen Körper gelangen. Da sich im zuvor austretenden Lusttropfen jedoch ebenfalls Spermien befinden können, ist diese Verhütungspraktik ungeeignet.
Fazit: Noch heißt es warten und anders verhüten
So schön es auch wäre – noch ist die Pille für den Mann eher Wunsch als Wirklichkeit. Laufende Studien lassen uns jedoch hoffen, dass sich die Gleichstellung von Mann und Frau auch in Sachen oraler Verhütung in nicht allzu ferner Zukunft durchsetzen wird. Bis der Verhütungszuwachs kommt, steht Euch die auch jetzt schon vielfältige Welt der Verhütung offen.