Asexualität in Beziehungen: Was Du dazu wissen musst
Für die meisten gehört Sex zu einer Beziehung und zum Alltag selbstverständlich dazu. Er macht Spaß und ist ein Weg, Liebe und Zärtlichkeit auszudrücken. Aber was, wenn man mit einer Person zusammen ist, die asexuell ist?
Asexualität: Was ist das?
Asexualität beschreibt das Fehlen oder eine Einschränkung des sexuellen Verlangens. Asexuelle Menschen verspüren keine oder nur wenig Libido. Dieses Spektrum kann von überhaupt keiner Lust auf Sex oder sogar angewidert davon zu sein bis hin zu gelegentlichem Verlangen reichen.
Asexuelle Personen können, auch wenn sie gar keine Lust auf Sex haben, romantische Beziehungen eingehen. Sie können sich verlieben, Lust auf küssen, kuscheln oder streicheln haben. Sie wollen anderen Menschen nah sein. Es gibt auch Asexuelle, die masturbieren, aber eben nicht mit einer anderen Person schlafen möchten.
Asexualität hat überhaupt nichts mit Enthaltsamkeit zu tun, denn es handelt sich nicht um eine bewusste Entscheidung, auf Erotik zu verzichten. Vielmehr kann in diesem Fall von einer ganz speziellen sexuellen Orientierung die Rede sein, so wie jemand hetero- oder homosexuell ist.
Sie können jemanden auch sehr attraktiv finden und sich somit auch körperlich zu ihm hingezogen fühlen. Allerdings fehlt grundsätzlich die Lust auf Sexualität oder ist höchstens ganz schwach vorhanden. Asexuelle Menschen haben damit jedoch überhaupt keine Probleme, sie leiden auch gar nicht darunter. Was jedoch einen großen Leidensdruck erzeugen kann, sind die Ansichten des Umfelds, denn häufig gilt Asexualität als krank oder nicht normal.
Die Folge: Häufig kommt es zu Depressionen. Die Betroffenen ziehen sich zunehmend aus der Gesellschaft zurück. Es gibt keine bestimmten Ursachen für Asexualität, normalerweise ist diese angeboren und verschwindet auch nicht wieder. Die Annahme, dass asexuelle Menschen in der Kindheit negative Erfahrungen mit Sexualität gemacht haben oder Missbrauch erlebt haben, ist also nicht richtig
Wie viele Personen asexuell sind, lässt sich nicht einschätzen, denn in der Öffentlichkeit wird kaum darüber gesprochen. Übrigens kann auch eine asexuelle Beziehung sehr innig und liebevoll sein. Damit das funktioniert, sind aber einige Kompromisse nötig, damit die fehlenden Intimitäten nicht zum Problem werden.
# Wichtig
Asexualität hat nichts mit einer Störung zu tun hat, denn es ist eine ganz normale sexuelle Orientierung. Die Asexualität kann in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Asexualität in Beziehungen: Geht das?
Ist eine Person asexuell führt dies oft zu einer Beziehung ohne Sex. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um die allseits gefürchtete Sexflaute, sondern um eine ganz bewusste Entscheidung. Finden zwei asexuelle Menschen zusammen, ist das Gespräch über die Sexlosigkeit der Beziehung oft schnell erledigt. Komplizierter wird es, wenn eine Person asexuell ist, die andere hingegen sexuelles Begehren verspürt.
Für Asexuelle kann es deshalb schwer sein, in romantische Beziehungen mit nicht-asexuellen Menschen zu treten und die Bedürfnisse der Partner:in wahrzunehmen. Während die sexuelle Person Lust auf Sex hat, fühlt sich die asexuelle Person schon bei dem Gedanken daran unwohl. Was soll man tun?
Eine rettende Universallösung gibt es leider nicht. Jedes Paar muss für sich herausfinden, was funktioniert und was nicht. Absprachen müssen vielleicht immer wieder angepasst werden – Bedürfnisse und Vorlieben können sich mit der Zeit immerhin ändern. Wer heute noch gerne kuschelt, empfindet in einem Jahr innige Küsse als den Liebesbeweis schlechthin.
Verschiedene Typen in asexuellen Beziehungen
Viele Erwachsene sind extrem verunsichert, wenn sie keinerlei Verlangen nach Sexualität haben. Schließlich suggerieren uns die Medien ja ständig den hohen Stellenwert von Sex, der in den Medien und der Werbung ja auch ständig präsent ist.
Falls Du scheinbar kein Interesse an Sexualität zu haben scheinst, bedeutet das nicht, dass Du frigide oder verklemmt bist. Hält dieser Zustand über längere Zeit an, könntest Du tatsächlich asexuell sein. Asexualität lässt sich nicht allgemeingültig definieren, denn sie kommt in diversen Varianten vor. Grundsätzlich unterscheiden Fachleute vier verschiedene Typen:
Herausforderungen in asexuellen Beziehungen
Was ist jedoch zu tun, wenn ein Partner asexuell ist und gar kein oder nur minimales sexuelles Interesse zeigt wohingegen die andere Person ein Bedürfnis nach sexueller Nähe hat? Natürlich können die Gefühle füreinander dennoch stark sein, doch auf körperlicher Ebene gibt es einfach keinen Konsens. Missverständnisse, das Gefühl, abgelehnt zu werden und sexuelle Unzufriedenheit sind nur einige Herausforderungen, die asexuelle Beziehungen belasten können.
In vielen asexuellen Beziehungen überwindet sich der asexuelle Part dann und wann zum Geschlechtsverkehr, um den Partner oder die Partnerin zufrieden zu stellen. Das ist allerdings nicht der richtige Weg! Sex sollte nichts Erzwungenes sein und immer aus freien Stücken erfolgen. Außerdem spürt das Gegenüber schnell, dass Leidenschaft und Lust fehlen.
Hier ist Kommunikation sehr wichtig. Möchte man eine Beziehung mit einem asexuellen Menschen führen, muss man sich zunächst vor Augen führen, dass Sex und Liebe getrennt werden können.
In einer asexuellen Beziehung braucht es viel Verständnis auf beiden Seiten: Sowohl für den asexuelle:n Partner:in als auch für den Part, der sich Sexualität wünscht. Der asexuellen Person bedeutet Sexualität einfach nichts. Das hat rein gar nichts mit der Partnerperson oder mangelnder Zuneigung zu tun. Unter Umständen erlaubt der asexuelle Partner oder die Partnerin sogar Sexualität außerhalb der Beziehung. Auch das ist eine Möglichkeit, um eine asexuelle Beziehung über viele Jahre aufrechtzuerhalten.
Kommunikation ist das A und O in asexuellen Beziehungen
In Beziehungen ist Kommunikation wichtig – egal, ob ein:e Partner:in asexuell ist oder nicht. Kommt jedoch diese Komponente hinzu, ist Reden noch sehr viel wichtiger. So kann man es gemeinsam als Paar schaffen, einen Kompromiss zu finden.
Denn das Spektrum von Asexualität ist sehr breit. Menschen, die sich zwischen sexuell und asexuell befinden – sogenannte “Grey”-Asexuelle –empfinden Spaß am Sex, allerdings hat dieser einen eher geringen Stellenwert. Hier gilt herauszufinden, was sich gut anfühlt und ab welchem Punkt es zu viel wird. Dabei sollte man herumprobieren und nicht zu streng sein, wenn etwas nicht klappt oder überfordernd ist. Auch für den oder die sexuelle Partner:in kann es frustrierend sein, häufig zurückgewiesen zu werden. Das kratzt selbstverständlich am Selbstwertgefühl. Redet darüber.
Asexualität in Beziehungen: Kompromisse schaffen
Körperliche Nähe und Lust entstehen in einer Beziehung nicht nur über Sex. In einer asexuellen Beziehung können Massagen, gemeinsames Tanzen, Striptease oder Saunagänge helfen, dennoch körperlich Spaß miteinander zu haben. Auch hier gilt es auszuprobieren und zu besprechen, worauf beide Lust haben. Selbst das Ausprobieren und Finden neuer Praktiken kann Lust bereiten. Offenheit neuen Dingen gegenüber ist dabei sehr wichtig.
Offene Beziehungsmodelle als Alternative
Dann gibt es noch die Option, dass der oder die Partner:in sich sexuelle Befriedigung bei anderen holt. Das ist natürlich nur für diejenigen geeignet, die eine offene Beziehung emotional bewältigen und sich damit arrangieren können, dass der oder die Partner:in mit anderen Menschen schläft.
Auch hier sind Absprachen wichtig: Wird jeder Sex außerhalb der Beziehung kommuniziert? Was ist erlaubt? Was nicht? Wie geht man mit eventuellen Geschlechtskrankheiten um? Es stellen sich sehr viele Fragen, die es gemeinsam zu erörtern gilt.
Über Tabus sprechen
Wenn eine asexuelle Person Sex mit einem anderen Menschen hat, ist es sehr wichtig darüber zu reden, was okay ist und was nicht. Bei welchen Berührungen fühlt man sich unwohl? Welche fühlen sich gut an? Welche Praktiken sind Dealbreaker? Kommunikation ist der Grundpfeiler für jede Beziehung und Spaß beim Sex. So kommt man sich auch näher ohne Sex zu haben.
Wo finde ich eine:n asexuelle:n Partner:in?
Über die Online-Recherche finden sich verschiedene Portale, auf denen sich Asexuelle austauschen und jemanden für eine Beziehung suchen. “Asexuell-Partnersuche.de” heißt einer der Dienste. Natürlich spricht nichts dagegen, sich auf Mainstream Dating-Apps wie “Tinder” anzumelden oder jemandem auf der Straße ein Lächeln zuzuwerfen.
Fazit zu asexuellen Beziehungen
Sex ist für viele Menschen wichtig, doch wenn man jemanden liebt, können sich diese Emotionen auch in gemeinsamen Aktivitäten, Lachen, tiefem Vertrauen und guten Gesprächen ausdrücken. Eine asexuelle Beziehung kann Herausforderungen bereithalten, kann aber auch gelingen, wenn gemeinsam Kompromisse und Lösungen gefunden werden.
Das wichtigste ist wie bei allen Beziehungsformen miteinander zu sprechen und ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Wünsche des jeweils anderen zu haben. Arbeitet miteinander als Team und nicht gegeneinander – schließlich geht es um Eure Beziehung!