Kann eine Vagina ausleiern?
Vagina-Mythos im Faktencheck
Wer kennt ihn nicht: Den Mythos, dass eine Vagina bei zu viel Sex ausleiert. Doch ist das eine begründete Sorge oder ein veraltetes Klischee? In diesem Artikel gehen wir der Antwort auf die Frage: „Kann eine Vagina ausleiern?“ auf die Spur und verraten Dir alles, was es zum Thema zu wissen gibt.
Anatomie der Vagina erklärt
Um zu verstehen, was es mit einer ausgeleierten Vagina auf sich hat, ist es sinnvoll, sich zunächst die Anatomie der Vagina genauer anzuschauen. Wie genau ist das weibliche Geschlechtsorgan aufgebaut und kann hier irgendetwas ausleiern? Der äußere Teil heißt Vulva – hierzu zählen die Klitoris und die Schamlippen. Immer wieder sorgen sich Frauen, dass sie zu große Schamlippen haben oder lange innere Schamlippen nicht normal wären.
Einige befürchten sogar, dass die Schamlippen durch zu viel masturbieren oder Sex ausleiern. Aber die gute Nachricht lautet: Jede Vulva ist einzigartig – es gibt genau so Vulven, bei denen die inneren Schamlippen von den äußeren vollständig bedeckt sind wie auch Vulven, bei denen die inneren Schamlippen aus den äußeren herausschauen (mehr dazu liest Du im Artikel Innie oder Outie). Die Vulva und die Schamlippen leiern also nicht aus, sondern sehen einfach anatomisch ganz unterschiedlich aus.
Doch meist geht es bei der Frage nach dem Ausleiern nicht um die Vulva, sondern vor allem um die Vagina. Das ist nur der innenliegende Gewebeschlauch, der von der Vaginalöffnung zum Gebärmuttermund führt. Die Vagina hat im Schnitt eine Länge von acht bis zwölf Zentimetern. Die Enge, beziehungsweise Weite der Vagina hängt dabei übrigens von den Muskeln ab, die die Vagina umgeben – die Beckenbodenmuskulatur. Ist der Beckenboden angespannt, entsteht das Gefühl einer engen Vagina, wohingegen ein entspannter, lockerer Beckenboden zum Gefühl einer etwas weiteren Vagina führt.
Anspannung muss dabei nicht unbedingt positiv sein. Denn auch Angst, Unsicherheit und fehlende Erregung können dazu führen, dass sich die Muskeln im Beckenboden anspannen und die Vagina enger wirkt. Bei Erregung hingegen dehnt sich die Vagina aus – in Vorbereitung darauf, einen Penis, Dildo oder Vibrator in sich aufzunehmen. Wenn die Erregung wieder nachlässt, kehrt die Vagina zu ihrer Ursprungsform zurück – ganz ohne ausleiern.
Ausgeleierte Vagina durch Sex: Verändert Sex die Vagina?
Wir machen es kurz: Wenn Du viel Sex hast, leiert Deine Vagina deswegen nicht aus. Oder hast Du schon mal von anderen Muskeln gehört, die bei häufiger Beanspruch schwächer werden? Wenn überhaupt stärkt regelmäßiger Geschlechtsverkehr Deinen Beckenboden. Oft wird das Klischee der ausgeleierten Vagina auf Frauen angewandt, die besonders oft ihre Sexpartner wechseln, gerne Casual Sex mit One-Night-Stands haben oder viele kinky Partys besuchen. Aber wenn es wirklich eine biologische Ursache gäbe, müsste ja auch beim Sex mit einem einzigen festen Partner in einer Beziehung eine Veränderung der Vagina stattfinden. Und das ist schlichtweg nicht der Fall – ein klarer Fall Vulva Shaming.
Wie bereits erwähnt, kann sich die Vagina durchaus bei Erregung verändern. Der Beckenboden entspannt sich und der Muttermund kann etwas weiter nach oben wandern – hierdurch schafft die Vagina Platz für Penetration. Wenn die Erregung nachlässt, kehrt sie allerdings in ihre ursprüngliche Form zurück.
Eine weite Vagina ist übrigens in den seltensten Fällen Ursache für Probleme beim Sex. Vielmehr kann eine enge Vagina (beispielsweise ausgelöst durch Vaginismus) zu Schwierigkeiten bei der Penetration führen. Es kann auch sein, dass ein besonders langer oder dicker Penis nicht ganz in die Vagina passt oder bei der Penetration für Schmerzen sorgt. Bei zu großen Unterschieden zwischen Vagina- und Penislänge kann es tatsächlich passieren, dass die Vagina überdehnt wird. Das macht sich dann ebenfalls durch Schmerzen beim Sex bemerkbar. Dauerhaft leiert die Vagina aber auch hiervon nicht aus.
# Tipp
Wer beim Sex gerne ein ausgefülltes Gefühl mag und der Penis dafür etwas zu dünn ist, können Penishüllen weiterhelfen. Sie werden über den Penis gezogen und stimulieren die Vagina mit zusätzlichem Volumen und abwechslungsreichen Strukturen.
Ausgeleierte Vagina durch Geburt?
Stärker als beim Sex verändert sich die Vagina während einer Geburt. Schließlich muss hier nun ein ganzes Baby hindurchpassen. Vor einer Entbindung beschäftigt viele Frauen der Gedanke: „Kann die Vagina ausleiern?“ – oft bleibt die Sorge, dass sich der Körper nach einer Schwangerschaft dauerhaft verändert. Und natürlich kann eine Schwangerschaft ihre Spuren hinterlassen, schließlich hat Dein Körper ein völlig neues Leben hervorgebracht.
Auch bei der Geburt braucht es einen geweiteten Beckenboden, damit sich die Vagina ausdehnen und das Kind passieren lassen kann. Direkt nach der Entbindung kann es sich deshalb tatsächlich so anfühlen, als wäre die Vagina „ausgeleiert“. Allerdings solltet Ihr mit Sex nach der Geburt ohnehin circa 6-8 Wochen warten, damit sich der Körper von den Strapazen erholen kann. In dieser Zeit bilden sich die Beckenbodenmuskulatur meist von alleine zurück. Wenn Du nach einer Geburt dauerhaft unter einem schwachen Beckenboden leidest, kannst Du mit Rückbildungsgymnastik nachhelfen. Beliebte Helferleien sind dabei auch Liebeskugeln für das Beckenbodentraining.
Beckenbodentraining für die Vagina
Wenn Du das Gefühl hast, dass Dein Beckenboden zu locker ist, kannst Du ihn – genauso wie jeden anderen Muskel der Körpers – durch Training stärken. Dabei kommt es vor allem auf gezielte An- und Entspannung an. Besonders gut geht das beispielsweise beim Pinkeln. Denn während des Wasserlassens ist Deine Beckenbodenmuskulatur entspannt. Versuche nun bewusst, den Urinstrahl zu unterbrechen. Hierzu müssen sich die Muskeln anspannen. So kannst Du austesten, ob Du das An- und Entspannen des Beckenbodens gezielt steuern kannst.
Ebenso kann Beckenbodentraining mit Liebeskugeln sinnvoll sein. Denn Liebeskugeln sind anders als anderes Sexspielzeug nicht in erster Linie für Lustgenerierung zuständig. Die Kugeln vibrieren meist nicht und haben kleine Gewichte im Inneren. Führe die Liebeskugel in die Vagina ein und versuche sie mit Hilfe von Beckenbodenanspannung dort zu halten. Kombiniert mit gezielten Yoga- und Körperübungen kann der Trainingseffekt zusätzlich gesteigert werden.
Wenn Du das Gefühl hast, dass die Übungen nicht den gewünschten Effekt mit sich bringen und sich Deine Vagina dauerhaft „ausgeleiert“ beziehungsweise gelockert anfühlt, solltest Du den Rat einer Gynäkologin oder eines Gynäkologen aufsuchen.