Pädophil: Was bedeutet das?
Wissenswertes rund um Pädophilie
Pädophilie ist ein heikles Thema, das oft mit starken Emotionen und Vorurteilen behaftet ist. Doch was bedeutet es eigentlich, wenn jemand pädophile Neigungen hat und warum ist Pädophilie eine sexuelle Präferenzstörung? In diesem Artikel gehen wir der Frage auf den Grund, was Pädophilie ausmacht, welche Unterschiede es zwischen Neigung und Handlung gibt und wie Betroffene – ohne straffällig zu werden – Unterstützung finden können.
Was bedeutet pädophil?
Pädophil zu sein bedeutet, dass man von kindlichen Körpern sexuell erregt wird – obwohl man selbst erwachsen ist. Der Begriff „pädophil“ leitet sich dabei aus dem Griechischen ab: „pais“ bedeutet Kind und „philia“ steht für Liebe oder Zuneigung. Es handelt sich bei Pädophilie also um eine Liebe zu Kindern, die sich vor allem in einer sexuellen Anziehung äußert.
Geht es nur um sexuelles Begehren, kann auch der Begriff Pädosexualität angemessener sein, da er betont, dass es nicht um romantische Gefühle, sondern reine Körperlichkeit geht. Von Pädokriminalität hingegen ist die Rede, wenn die pädophilen Wünsche und Fantasien in die Realität umgesetzt werden und es zur sexualisierten Gewalt gegen Kinder kommt.
Allerdings ist nicht jede pädophile Person automatisch auch pädo-kriminell, da sich viele Pädophile durchaus darüber bewusst sind, dass sie ihre sexuellen Fantasien mit Kindern niemals in die Tat umsetzen können und dies in einigen Fällen auch gar nicht wollen. Darauf gehen wir später noch einmal genauer ein.
# Gut zu wissen
Es gibt grobe Altersrichtlinien, um festzumachen, ab wann man von Pädophilie reden kann. Die pädophile Person muss mindestens 16 Jahre alt sein und mindestens 5 Jahre älter sein als das Kind, auf welches sich die Fantasien beziehen.
Was ist eine sexuelle Präferenzstörung?
Pädophilie gilt als sexuelle Präferenzstörung. Um zu verstehen, was genau das ist, macht es zunächst Sinn, den Begriff sexuelle Präferenz näher zu betrachten. Die sexuelle Präferenz setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen:
Die sexuelle Präferenz muss sich nicht zwingend in Handlungen zeigen. Oft sind sexuelle Fantasien aussagekräftiger, auch wenn sie vielleicht nie in die Realität umgesetzt werden. Wie genau diese Präferenz entsteht, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt.
Fest steht, dass die sexuelle Präferenz nicht gewählt werden kann. Niemand kann sich aktiv einfach für oder gegen eine Neigung entscheiden. Genauso wenig, wie wir bewusst beeinflussen können, ob wir heterosexuell, homosexuell oder bisexuell sind, haben wir auch keinen Einfluss darauf, welche Körper wir als begehrenswert wahrnehmen.
Das gilt auch für pädophile Menschen. Sie entscheiden sich nicht bewusst dafür, Kinder zu begehren. Vielmehr stellen sie irgendwann fest, dass sich ihr sexuelles Begehren von dem anderer erwachsener Menschen unterscheidet und sie zu Gleichaltrigen nur schwer oder gar keine intime Beziehungen aufbauen können.
Wenn Betroffene – oder andere Personen – unter ihren normabweichenden sexuellen Impulsen leiden, die Bestandteil ihrer sexuellen Präferenzstruktur sind, ist die Rede von einer sexuellen Präferenzstörung.
Da bei pädophiler Anziehung davon ausgegangen wird, dass aufgrund des Altersunterschieds ein Machtgefälle besteht und Kinder demnach keinen Konsens zu sexuellen Handlungen mit Erwachsenen geben können, spricht man im Fall von pädosexueller Anziehung von einer sexuellen Präferenzstörung.
Begriffe für sexuelle Anziehung je nach Alter
Wie wir gesehen haben, ist das körperliche Entwicklungsstadium ein wichtiger Teilaspekt der sexuellen Präferenz. Dabei gibt es übrigens nicht nur einen Begriff, für Menschen die sich von Kindern angezogen fühlen, sondern auch für alle anderen Altersgruppen. Hier sind die Begrifflichkeiten zur Anziehung nach Alter in der Übersicht:
Von all diesen Präferenzen ist vor allem die Pädophilie sehr starker Kritik ausgesetzt, da sich das begehren an Kinder richtet, die noch kein Verständnis von sexuellen Grenzen haben und deshalb leichte Opfer für sexuelle Übergriffe und sexualisierte Gewalt sind.
Pädophilie: Häufigkeit ist unklar
Du fragst Dich nun: Wie viele Pädophile gibt es in Deutschland? Das ist eine gute Frage – die gar nicht so leicht zu beantworten ist. Pädophile Neigungen zu untersuchen ist kein leichtes Unterfangen, da viele Betroffene aus Scham vor ihren eigenen Fantasien schweigen. Und wer keine pädosexuellen Handlungen ausführt, bleibt oft auch unentdeckt. Schließlich können wir nicht in die Köpfe von Menschen schauen, um herauszufinden, welche Altersgruppe sie anziehend finden.
Wissenschaftler:innen schätzten, dass circa 1% der männlichen Bevölkerung pädophile Neigungen verspürt. Die Zahl lässt sich allerdings vor allem daran festmachen, wie viele Menschen mit pädophiler Präferenz therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen oder aufgrund von Strafverfolgung ins System aufgenommen werden.
Können nur Männer pädophil sein?
In der Regel ist die Rede von pädophilen Männern. Aber können Frauen auch pädophil sein? Tatsächlich ja. Das bevorzugte Alter der Sexualpartner:innen ist unabhängig von der eigenen sexuellen Orientierung und ebenso unabhängig vom eigenen Geschlecht. Es ist allerdings noch schwerer zu erheben, wie viele pädophile Frauen es gibt.
Sexualwissenschaftler:innen merken an, dass das auch mit den Geschlechtsstereotypen in unserer Gesellschaft zusammenhängen könnte. Frauen wird nachgesagt, dass sie ohnehin liebevoller mit Kindern umgehen, als Männer. Frauen, die nahen Körperkontakt zu Kindern suchen oder viel Zeit mit ihnen verbringen, fallen deshalb selten stark auf.
Hier können allerdings die Grenzen zwischen liebevoller nicht-sexueller Zuwendung und sexueller Aufmerksamkeit unbemerkt verschwimmen. Daher könnte die Dunkelziffer für pädophile Frauen weit höher sein, als bisher angenommen. Studien hierzu stehen allerdings noch aus.
Ist Pädophilie strafbar?
Pädophile Neigungen an sich sind nicht strafbar, pädosexuelle Handlungen stattdessen schon. Konkret bedeutet das: Sexuelle Fantasien, in denen Kindern eine Rolle spielen, können strafrechtlich nicht verfolgt werden. Zum einen, weil es sehr schwer ist, Fantasien, die sich nur in Gedanken abzuspielen, nachzuweisen. Zum anderen, weil in diesem Fall keine schädigende Handlung an einem Kind vorgenommen wird.
Anders sieht das aus, wenn die Fantasien nicht nur Fantasien bleiben sondern in der Realität sexuelle Interaktionen mit Kindern stattfinden. Dann ist die Rede von sexuellem Kindesmissbrauch oder auch von sexualisierter Gewalt gegen Kinder.
Als sexuellen Kindesmissbrauch definiert das Strafgesetzbuch alle sexuellen Handlungen an und vor einem Kind oder die Veranlassung sexueller Handlungen durch das Kind an sich selbst oder an einer dritten Person. Erwachsene, die ein Kind dazu bringen, sie an Penis oder Vulva/Vagina zu berühren, machen sich also ebenso strafbar, ebenso wie Erwachsene, die intime Körperstellen des Kindes auf sexuelle Weise berühren.
Sexueller Missbrauch von Kindern liegt auch vor, wenn jemand einem Kind pornografische Bilder oder Videos zeigt. Auch wenn jemand pornografische Töne abspielt, solche Inhalte über das Internet zugänglich macht oder darüber spricht, ist das Missbrauch (§ 176 StGB). Kinder sind in diesem Fall übrigens all Personen unter 14 Jahren.
Es ist zudem auch strafbar, pornografisches Material zu konsumieren, welches Kinder abbildet. Oft wird hierfür der Begriff Kinderpornografie verwendet. Es ist allerdings irreführend, da bei Pornografie normalweise Schauspieler:innen zu sehen sind, die Einverständnis für die sexuelle Handlungen und das gefilmt werden geben. Bei dargestellten Kindern ist dies nicht der Fall, weshalb sich auch immer mehr der Begriff Missbrauchsabbildungen oder Missbrauchsdarstellungen durchsetzt. Wer diese Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs anschaut, macht sich strafbar.
Pädophilie und Kindesmissbrauch: Es gibt Unterschiede!
Wir haben schon erwähnt, dass Pädophilie und Kindesmissbrauch nicht das gleiche sind. Es gibt Pädophile, die ihr Leben lang keinem Kind Schaden zufügen und Menschen, die sexualisierte Gewalt an Kindern verüben, aber gar kein sexuelles Motiv haben. Klingt kompliziert – und das ist es leider auch.
Wichtig ist: Nicht jeder Sexualstraftäter, der sich an Kindern vergeht, ist pädophil. Etwa 60% der sexuellen Übergriffe auf Minderjährige sind sogenannte Ersatzhandlungen. Das bedeutet, das ein nicht-sexuelles Motiv Auslöser für die Straftat war. Oft geht es beispielsweise um Machtmotive. Die Täter sind sexuell zwar auf erwachsene Sexualpartner:innen ausgerichtet, begehen aber beispielsweise aufgrund einer Persönlichkeitsstörung die sexualisierte Gewalttat.
Öfters als sexuelle Motive, sind also tatsächlich Macht- und Manipulationsbedürfnisse ausschlaggebend für Kindesmissbrauch. Das Kind soll unterdrückt und für die eigenen Bedürfnisse ausgebeutet werden. Um sexuellen Lustgewinn geht es hier nicht.
# Wir halten fest:
Pädophil zu sein, bedeutet nicht automatisch, dass man Kindesmissbrauch begeht. Es ist durchaus möglich, mit pädophilen Fantasien zu leben, ohne einem Kind zu schaden.
Therapieangebote: Was tun gegen Pädophilie?
Pädophilie ist nicht „heilbar“ im klassischem Sinne. Denn sexuelle Präferenzen lassen sich nicht einfach so verändern, deshalb können Menschen beispielsweise auch keinen Einfluss auf ihre sexuelle Orientierung nehmen. Allerdings ist es durchaus möglich, in einer Therapie zu lernen, mit der pädophilen Neigung zu leben, ohne sie in die Tat umzusetzen.
Das bekannteste Projekt in Deutschland ist „Kein Täter werden“. Hier werden pädophile Menschen vorurteilsfrei darin unterstützt, ihr Leben so zu gestalten, dass sie keinen Missbrauch begehen und stattdessen Handlungsalternativen erlernen. Das Beraten, Diagnostizieren und Therapieren ist bei „Kein Täter werden“ sogar ganz anonym möglich, sodass die Hemmschwelle, sich professionelle Unterstützung zu suchen, sinkt.
Zu den Klassikern der Therapie bei Pädophilie zählen Gesprächs- und Verhaltenstherapie. Es ist auch möglich, gezielt Medikamente einzunehmen, welche die Libido senken und/oder die Bildung von Testosteron unterdrücken. Hiermit gehen allerdings oft gravierende Nebenwirkungen wie Depressionen oder eine verringerte Knochendichte einher, sodass die medikamentöse Behandlung von Pädophilie einer strengen ärztlichen Aufsicht bedarf. Ein weiterer Nachteil: Die Betroffenen lernen nicht, ihre sexuellen Impulse selbst zu kontrollieren, sodass das sexuelle Verlangen oft mit voller Wucht zurückkehrt, sobald die Medikamente abgesetzt werden.
Nicht nur Erwachsene Männer werden Täter. Auch Teenager ab 16 können pädophile Neigungen verspüren, wenn sich ihre sexuelle Anziehung auf Kinder richtet, die mindestens 5 Jahre jünger sind. Mit dem „Du träumst von ihnen“-Projekt stellt die Charité in Berlin auch für diese Zielgruppe ein umfangreiches Therapieangebot zur Verfügung. Damit sollen junge Pädophile von Anfang an lernen, auf gesunde Art und Weise mit ihrer sexuellen Präferenzstörung umzugehen.
Hilfe für Betroffene von sexualisierter Gewalt
Das Wichtigste ist selbstverständlich Kinder genauso wie Menschen aller anderer Altersgruppen vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Das gelingt nur mit einer Kombination aus präventiven Therapieangeboten für potentielle Täter:innen sowie einer strengen und lückenlosen Strafverfolgung.
Dennoch leiden viele Menschen weltweit, aber auch in Deutschland und Österreich unter sexualisierter Gewalt. In größeren Städten gibt es Beratungszentren, in denen kostenlose Hilfsangebote in Anspruch genommen werden können.
Für alle anderen wollen wir an dieser Stelle noch Hilfe-Telefonnummern zur Verfügung stellen.